Was Online-Umfragen können und wo ihre Grenzen sind

Von
Sören Fillet
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11/1/2023
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4 minutes

Von der Gestaltung einer klimaresilienten Stadt (z.B. in Coburg) bis hin zur Ergründung, bei welchen öffentlichen Themen der Schuh bei den Bürger:innen drückt (z.B. in Wunsiedel i.F.) – Umfragen auf allen unseren Plattformen werden eingesetzt, um die Meinung der Bürgerinnen und Bürger zu bestimmten Themen zu erfahren. Umfragen und Abstimmungen sind einfach und schnell einzurichten und bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit für Gemeinschaftsmitglieder, sich zu politischen Themen zu äußern. Das erklärt auch die Beliebtheit dieser Beteiligungsmethode. Und doch haben (Online-)Umfragen auch ihre Grenzen, denn sie kratzen nur an der Oberfläche dessen, was Bürger:innenbeteiligung noch alles zu leisten imstande ist. Untersuchen wir die wichtigsten Stärken – aber auch Schwächen der Umfrage als Partizipationsinstrument.

Inhalt:

Eine Umfrage ermöglicht Ihnen, schnelles Feedback aus der Gemeinschaft zu erhalten

Wenn es um Schnelligkeit und Einfachheit geht, dann glänzt die Umfrage als Partizipationsmethode. Sie ist der schnellste Weg, um die Meinung der Bürger:innen Ihrer Stadt oder Kommune zu einem bestimmten, vordefinierten Thema einzuholen. Nehmen wir an, Sie möchten wissen, was die Anwohner:innen eines Stadtteils zum geplanten Spielplatz im örtlichen Park denken. Mit nur wenigen Fragen kann die Umfragesoftware Ihnen dabei helfen, herauszufinden, wie der neue Spielplatz aussehen oder wo er platziert werden sollte. Ihre Umfrage könnte sogar so einfach sein wie eine Ja- oder Nein-Frage: besteht überhaupt Bedarf an einem neuen Spielplatz? Ein schnelles Feedback wie dieses kann Ihnen dabei helfen, Prioritäten auf der kommunalen Agenda zu setzen oder kleine Entscheidungen auf der Grundlage von Eingaben aus der Gemeinde zu treffen, die nicht viel kosten.

Eine Umfrage kann ein großartiges Sprungbrett für tiefgründigere Bürger:innenbetieligung sein

Eine Umfrage ist ein guter Ausgangspunkt für die Beteiligung, weil sie niedrigschwellig ist. Sie könnte die erste Phase eines Partizipationsprojekts sein – ein Weg, um den Weg in  eine eingehendere Konversation zu ebnen, zum Beispiel durch einen Ideenprozess oder ein Planspiel. Kehren wir zu unserem Spielplatzbeispiel aus dem vorigen Absatz zurück. Angenommen, die Umfrage zeigt, dass der Spielplatz tatsächlich eine Priorität für die Bevölkerung ist. In einem Ideenfindungsprojekt könnten die Menschen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für jüngere Kinder oder mehr Bänke für Eltern vorschlagen. In einem Budgetspiel haben die Leute die Möglichkeit, Mittel selbst zu verteilen. Ihnen zeigt diese spielerischen Mittelvergabe schnell, ob Ihre Bürger:innen eine neue Schaukel besser finden, als ein Karussell oder ob sie einen Gummimulchboden Sand oder Holzspänen vorziehen. Wenn Sie das Gespräch vertiefen, werden die gesammelten Beiträge wertvoller. Dadurch entsteht ein echter Leitfaden für eine präzise Politik.

Die Umfrage kann auch ein guter Einstieg für Kommunalverwaltungen sein, die gerade erst mit der Bürger:innenbeteiligung beginnen. Es ist relativ wenig aufwändig, liefert schnell eine Antwort und hilft den Verantwortlichen, ihre Muskeln in Sachen Partizipation zu trainieren und eine Kultur der Beteiligung zu etablieren.

Ein Umfragetool kann Ihnen helfen, die Feedbackschleife zu schließen

Feedbackschleifen zu schließen, also die laufende Kommunikation über alle relevanten Etappen und natürlich den Abschluss eines Beteiligungsprozesses, ist entscheidend für erfolgreiche Partizipation. Es belegt die Wirkung, schafft Vertrauen, erhöht die Transparenz und zeigt, dass die Stadt bereit und in der Lage ist, den Worten Taten folgen zu lassen. Dies spielt eine entscheidende Rolle bei der Motivation von Menschen, sich an zukünftigen Projekten auch wieder zu beteiligen und eine gesunde Beteiligungskultur zu etablieren.

Projekte in Beteiligungszyklen zu verwandeln sorgt dafür, dass Ihre Gemeinschaftsmitglieder engagiert und aufnahmefähig bleiben. Warum also nicht die Ergebnisse in ein neues Diskussionsthema verwandeln, anstatt sie einfach nur zu präsentieren? Eine kurze Umfrage kann eine gute Möglichkeit sein, die Zufriedenheit der Menschen mit dem Beteiligungsprozess zu messen und abschließendes Feedback zu geben. Auf diese Weise können Sie beurteilen, ob die Umsetzung Ihres Beteiligungsprozesses wirklich mit den verschiedenen Bedürfnissen und Wünschen der Gemeinschaft übereinstimmt.

Eine Umfrage ist ein hervorragendes Instrument, um die Meinung der Gemeinschaft zu einem bestimmten Thema zu ermitteln, kann aber nicht die einzige Grundlage für eine wirklich partizipative und repräsentative Politik sein.

Eine Umfrage kann den wertvollen wechselseitigen Dialog nicht ersetzen

Erhebungen sind von Natur aus einseitig. Die Menschen können aus einer Liste von Antworten auf die von der Verwaltung formulierten Fragen ihre jeweilige Wahl treffen. Es gibt keinen Raum für die Teilnehmenden, das Thema zu vertiefen, zusätzliche Fragen zu stellen oder Bedenken zu äußern.

Eigenständige Umfragen zu einer Sachlage, die zu großen Teilen bereits feststeht, reichen nicht aus, um eine sinnvolle Partizipation zu ermöglichen und die vielen Vorteile der Bürger:innenbeteiligung zu nutzen. Sie müssen einen konstruktiven, wechselseitigen Dialog ermöglichen, um das Vertrauen zwischen den Gemeindemitgliedern und der Regierung zu fördern und eine wirklich partizipative und repräsentative Politik zu schaffen. Wie bereits erwähnt, können Sie Ihre Umfrage mit anderen Beteiligungsmethoden ergänzen, z. B. mit einem Ideenfindungsprozess, einem Planspiel oder einem Workshop.

Umfragesoftware kann Ihnen keine detaillierten Informationen liefern

Wie erwähnt, bietet die Umfragesoftware den Bürger:innen in der Regel nicht viel Raum, um die jeweiligen Themen zu vertiefen oder die Gründe für ihre Antworten zu erläutern. Die Informationen, die Sie von ihnen sammeln, sind eher oberflächlich. Dies kann zwar ein hilfreiches Instrument für die Bestandsaufnahme sein, bietet aber kaum Grundlagen für fundierte politische Entscheidungen.

Angenommen, Sie fragen 400 Personen, ob die Kommunalverwaltung in einen neuen Spielplatz im Stadtpark investieren soll, und 75 von ihnen sagen Nein. Diese 75 Nein-Sager werden monolithisch präsentiert, während in Wirklichkeit alle 75 Befragten sehr unterschiedliche Gründe für ihre negativen Antworten haben könnten. Person A könnte der Meinung sein, dass der Park zu nahe an einer stark befahrenen Straße liegt, was für herumlaufende Kinder gefährlich sein könnte. Person B könnte der Meinung sein, dass der Standort mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ausreichend erreichbar ist. Person C würde es vorziehen, das Geld in sicherere Zebrastreifen in der Nähe von Schulen zu investieren, anstatt in den Spielplatz. All diese Bedenken erfordern unterschiedliche Überlegungen und Entscheidungen.

Eine Umfrage kann nicht immer ein breites Spektrum von Personen zur Teilnahme bewegen

In unserer polarisierten Gesellschaft stehen die Menschen – insbesondere diejenigen, die in der öffentlichen Politik traditionell unterrepräsentiert sind –  ihren Vertreter:innen möglicherweise skeptisch gegenüber. Sie könnten sich fragen, ob ihre Stimmen überhaupt berücksichtigt werden oder ob der Beteiligungsprozess tatsächlich eine Veränderung bewirken wird. Um die Menschen zur Teilnahme zu bewegen, müssen die Kommunalverwaltungen eine echte Möglichkeit zur Mitbestimmung für den Prozess bieten.

Das kann bedeuten, dass eine schnelle Umfrage nur die „üblichen Verdächtigen“ überzeugt – also die Menschen, die Sie ohnehin immer wieder erreichen. Aber so lässt sich keine wirklich repräsentative und demokratisch fundierte Politik entwickeln.

Umfrage – oder lieber eine andere Beteiligungsmethode. Sie entscheiden!

Nachdem wir nun die wichtigsten Vor- und Nachteile von Umfragen herausgearbeitet haben, kommt hier eine kurze Zusammenfassung. Die Arbeit mit einem Umfragetool ist eine gute Idee, wenn:

  • Sie schnell herausfinden möchten, wie Ihre Gemeinschaft über ein bestimmtes Thema denkt;
  • Sie einen Weg der Bürger:innenbeteiligung mit mehreren zeitlichen Phasen einschlagen;
  • Sie gerade erst mit Bürger:innenbeteiligung beginnen und sich noch mit dem Prozess vertraut machen;
  • Sie die Feedbackschleife eines Beteiligungszyklus schließen und mit dem nächsten beginnen.

Es lohnt sich, eine andere Methode der Bürger:innenbeteiligung in Betracht zu ziehen, wenn:

  • Sie nach detaillierten Informationen suchen, um die Entscheidungsfindung zu steuern;
  • Sie wichtige Entscheidungen mit hohem Risiko treffen, die sich direkt auf Ihre Gemeinschaft auswirken;
  • Sie die Kommunikation in beide Richtungen fördern möchten;
  • Sie den größtmöglichen Nutzen aus der Bürgerbeteiligung ziehen möchten.

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Sören Fillet
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Sören Fillet

Sören hat ein tiefes Interesse an Politik und demokratischer Innovation. Er strebt danach, Geschichten zu erzählen, die Verwaltungen inspirieren und zu wirkungsvollerer Beteiligung anregen.

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