Es gibt viele gute Gründe, sich in Sachen digitaler Beteiligung der Zielgruppe der älteren Bürger:innen besonders anzunehmen, sie zu inkludieren und digital teilhaben zu lassen.

Erstens ist Partizipation natürlich nur dann erfolgreich, wenn sie breit aufgestellt ist und sich an eine vielfältige Bürger*innenschaft richtet – das sollte sich auch in den Altersspannen abbilden. Und zweitens, weil ältere Menschen viel Lebenserfahrung haben, die sie gewinnbringend in Beteiligungsprozesse einbringen können. Der demografische Wandel sorgt zudem dafür, dass der Anteil derjenigen, die 65 und älter sind, deutlich steigt. In Deutschland beispielsweise ist die Gruppe dieser Menschen in den letzten 30 Jahren von 12 Millionen auf über 18 Millionen gewachsen.

Einen weiteren interessanten Indikator über die Wichtigkeit der älteren Zielgruppe findet sich in der Deutschen Freiwilligensurvey (Stand 2019, erscheint alle 5 Jahre). Hier zeigt sich, dass sich immer mehr der 65-Jährigen und Älteren ehrenamtlich engagieren (von 18 % im Jahr 1999 auf 31,2 % 2019).

Letztlich, weil es auch eine politische und gesellschaftliche Verpflichtung ist, allen Generationen digitale Partizipation zu ermöglichen, Stichwort: Digitalpakt Alter. Doch zu oft sind ältere Menschen von der digitalen Teilhabe noch ausgeschlossen.

Empfehlungen für gelungene Partizipation älterer Bevölkerungsgruppen


Wir geben in diesem Artikel Empfehlungen für eine gelungene Partizipation der explizit älteren Bevölkerungsgruppen. Wir führen Ideen auf, wie Sie die Generation 65 Plus erfolgreich auch in ihre digitalen Beteiligungsangebote einbeziehen und ihnen so aktive Teilhabe ermöglichen können.

Die Grundregel: Die Grundregel der Bürger*innenbeteiligung könnte ganz altersunabhängig erstmal lauten: Gehen Sie zu den Menschen! Holen Sie sie da ab, wo sie sind. Räumlich, aber auch sprachlich und technologisch.

Im Bezug auf das Erreichen der Generation 65 Plus empfiehlt sich, mit analoger Ansprache zu beginnen, die zu digitaler Beteiligung führen kann.

Ganz wichtig ist auch, so Jelena Gregorius, Partizipationsexpertin bei Go Vocal, dass ältere Menschen nicht als homogene Gruppe begriffen werden. Eine 80-Jährige Frau, die in der Großstadt berufstätig war und jetzt im Seniorenheim lebt, unterscheidet sich in ihrer Erfahrungs- und Bedürfniswelt sicher stark von einer Altersgenossin, die im ländlichen Raum Familienarbeit leistete und im Mehrgenerationenhaus von Verwandten versorgt wird. Auch Bildung und Familienstand sind divers, genauso Gesundheitszustand und das Level der sozialen Integration.

Zielgruppen definieren

Beginnen Sie also damit, Ihre Zielgruppe zu definieren und zu analysieren und in Untergruppen aufzuteilen. Hierfür eignet sich beispielsweise die Persona-Methode, ein Instrument, das seinen Ursprung in der Softwareentwicklung hat. Ziel der Methode ist die Entwicklung von Nutzer*innentypen – Personas – für die dann gezielte Beteiligungsmaßnahmen erstellt werden können. Schaffen Sie fiktive Persona-Biografien, mit bestimmten charakteristischen und demografischen Merkmalen. Anhand dieser Personas können Sie Ihre Maßnahmen zielgenauer planen.

Überlegen Sie auch, wo Ihre ältere Zielgruppe anzutreffen ist. Beim Landfrauenverein, im Kirchenchor, beim Reha-Sport, in der Volkshochschule, im Wartezimmer der Hausärzt*in, beim Nachmittagstreff uvm.

All diese typischen Anlaufstellen von Senior:innen können wichtige externe Kontaktstellen sein, an denen Sie Ihre Zielgruppe gut erreichen. Informieren Sie hier – z.B. mithilfe von Plakaten –  über Möglichkeiten für Bürger:innen, an öffentlichen Entscheidungsprozessen mitwirken zu können.

Auch die richtige Sprache und Tonalität spielen eine Rolle, um sich Gehör bei der gewünschten Zielgruppe zu verschaffen. Wichtig ist zudem, nicht zu überfordern und die Partizipationsangebote so zu gestalten, dass sie leicht verständlich sind und sowohl analog (offline) als auch digital (online) funktionieren bzw. sich optimal ergänzen.

Ideen zur Beteiligung von Senioren und Seniorinnen in Ihrer Kommune

Eine Idee könnte sein, regelmäßig im Amtsblatt oder in der lokalen Zeitung eine ‘Partizipationsseite’ unterzubringen, die immer auf der gleichen Seite zu finden ist. Auf dieser Zeitungsseite könnte insbesondere die ältere Leser*innenschaft alles zu aktuellen Beteiligungsmöglichkeiten in der Stadt oder Kommune erfahren und auch zur Nutzung einer Beteiligungsplattform.

Schaffen Sie eine Regelmäßigkeit Ihrer lokalen Beteiligungsinformationen. So sind Bürger:innen im Bilde, wie sie an der öffentlichen Entscheidungsfindung mitwirken können.

Noch eine Idee: Docken Sie sich an die Medienkompetenzangebote der lokalen Volkshochschule oder Bücherei an. Hier können ältere Menschen lernen, kompetent mit neuen Kommunikationstechnologien umzugehen, das Smartphone oder Tablet zu nutzen und digitale Angebote selber auszuprobieren. Denkenswert wäre, hier eine Kooperation anzuregen, so dass in den vermittelten Inhalten die Nutzung der kommunalen Beteiligungsplattform geübt und kennengelernt werden kann.

Weisen Sie in Ihrer Kommunikation an die älteren Jahrgänge auch deutlich darauf hin, dass die Angebote auf der Beteiligungsplattform barrierefrei sind, dass die Größe der Buchstaben anpassbar ist oder offerieren Sie die “einfache Sprache”. Fragen Sie auf Ihrer Plattform zudem das Alter ab, damit Sie deutliche Rückschlüsse auf Ihre Nutzer*innenschaft erhalten und Angebote entsprechend anpassen können.

Souverän mit neuen Kommunikationstechnologien umgehen zu können, hält jung und fördert die soziale Integration

Vermeiden Sie, dass Menschen außen vor bleiben

Mit sensibler Kommunikation und gezielten Angeboten schaffen Sie es,  auch die Menschen zu erreichen, die vielleicht keinen Computer besitzen. Richten Sie doch in Ihrem Rathaus oder der Bibliothek Tablet-Terminals für die Beteiligung ein. Dort können Mitarbeitende über die persönliche Ansprache bei der Nutzung unterstützen und Hemmschwellen abbauen. Eine Alternative ist es, Partizipationshotspots auf lokalen Veranstaltungen zu integrieren. Ein gelungenes Beispiel ist die Aktion ‘Wie trinkst du deinen Wein am liebsten?’ den die Stadt Bad Dürkheim auf Ihrem Frühlingsempfang organisiert hat – eine niedrigschwellige Umfrage auf ihrer Beteiligungsplattform zu einem lustigen Thema, um Menschen spielerisch die Plattform näher zu bringen.

Ältere Menschen haben oft das Gefühl, übersehen zu werden oder mit den Entwicklungen nicht mithalten zu können. Adressieren Sie diese Problematik, sprechen Sie Ihre älteren Bürger:innen in einer gezielten Kampagne an. Vermitteln Sie auch in der Wahl Ihrer Bildmaterialien, dass sie als Teil der Gesellschaft relevant sind und ihre Beteiligung von Wert für die Gesellschaft ist. Da kann es schon helfen, auf öffentlichen Materialien auch ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung zu zeigen.

3 Tipps zur erfolgreichen Inklusion älterer Bevölkerungsmitglieder

Tipp 1
Unterteilen Sie die Zielgruppe (z.B. Gesundheitszustand, Bildungsgrad, Lebensumfeld etc.) und überlegen Sie, wie Sie diese heterogene Gruppe älterer Menschen am besten einbeziehen und eventuelle Barrieren für ihre Teilnahme beseitigen können.

Tipp 2
Wählen Sie eine wertschätzende Sprache und nutzen Sie Begrifflichkeiten, die nicht diskriminieren, z.B. Generation 65 Plus. Zeigen Sie auf den Fotos auf Ihrer Plattform und in Ihren Kommunikations- und Marketingbemühungen auch ältere Menschen.

Tipp 3
Kooperieren Sie mit Vereinen und Organisationen, in denen Ihre Zielgruppe aktiv ist und vermitteln Sie vor Ort Informationen zur (digitalen) Beteiligung im Alter.

Mit ihren gezielten Inklusionsbemühungen für ältere Bürger*innen erzielen Sie positive Effekte

Von Bürger*innenbeteiligung profitieren alle Seiten, die Stadt, die Gemeinschaft und jede*r einzelne Teilnehmende. Für ältere Menschen sind die positiven Effekte insbesondere:

  • Die Menschen fühlen sich durch ihre Einblicke, ihren Beitrag und ihre Lebenserfahrung wertgeschätzt
  • Sie erleben größeres Selbstvertrauen und mehr Lebensfreude
  • Sie erhalten Möglichkeiten, ihre Bedürfnisse und Ideen zu äußern
  • Sie bauen größeres Vertrauen in ihre Kommunalverwaltung auf und haben das Gefühl, dass jemand ihre Bedürfnisse und Wünsche ernst nimmt.