In Österreich sind im Herbst Landtagswahlen in Vorarlberg und der Steiermark - und es stehen Nationalratswahlen an. Auch hier droht die rechtspopulistische FPÖ stärkste Partei zu werden.

Insgesamt gibt es 2024 auf der ganzen Welt 70 Wahlen. Es können so viele Menschen wählen wie nie zuvor.

Aber wie werden die Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen?
Was sind Gründe für Wahlbeteiligung oder Nichtbeteiligung? Und welchen Teil kann eine digitale Beteiligungsplattform dazusteuern, damit Menschen mündig bleiben und auch ihr Stimmrecht nutzen wollen?

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen bei Wahlen. Und fokussieren hierbei auf Erkenntnisse aus Deutschland.

Überblick über Wahlbeteiligung - Kommunalwahlen versus Bundestagswahlen

Weil er Aufschluss geben kann, starten wir mit einem Blick in die Vergangenheit.

Zunächst ein Blick auf Ergebnisse bei Kommunalwahlen - die Zahlen zur Wahlbeteiligung sind von 2014, gezeigt werden 8 Bundesländer.  Auffallend ist, dass die Wahlbeteiligung bei vier Bundesländern unterhalb von 50 % liegt. Als einen Grund nennt der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts forsa einen zunehmenden Entfremdungsprozess zwischen Politik und den Bürger*innen. Dieser sei auf lokaler Ebene nicht abstrakt, sondern ganz konkret erfahrbar.

(Abb. 1: screenshot Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen, forsa)

Die Wahlbeteiligung bei den letzten Landtagswahlen in allen 16 Bundesländern betrug durchschnittlich 63,22 Prozent. In Bayern war die Wahrnehmung des Wahlrechts am höchsten. Hier beteiligten sich 73,1 %. Nordrhein-Westfalen war Schlusslicht in punkto Beteiligung. Nur knapp über die Hälfte der Menschen des bevölkerungsreichsten Bundeslandes - 55,5 % -  nutzte ihre Stimme.  (Statista, Stand Oktober 2023)

 

(Abb. 1: screenshot Statista - Wahlbeteiligung Landtagswahlen) Type image caption here (optional)

In den 20 Bundestagswahlen seit Gründung der BRD lag die Beteiligung zuletzt bei 76,4 %. Das heißt, gut jede*r vierte hat die eigene politische Stimme nicht genutzt. Allerdings waren es mehr Stimmen, als bei den drei Wahlen zuvor. Niedriger war die Beteiligung nur in den Jahren 2009 (70,8 %), 2013 (71,5 %) und 2017 (76,2%).

(Abb. 2: screenshot Statista - Übersicht Wahlbeteiligung Bundestagswahlen)


Wo ist Beteiligung niedrig?

Zoomen wir etwas tiefer rein. Der Deutschlandatlashat visualisiert, wie die Wahlbeteiligung in den Kreisen bei der letzten Bundestagswahl verteilt war.


Je blauer eine Region, desto höher die Beteiligung. Dunkelrosa Flächen zeigen Regionen mit der geringsten Beteiligung. Am deutlichsten tritt diese Farbmarkierung im Nordosten zutage. v.a. in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern und an den Rändern von Sachsen und Sachsen-Anhalt.  

Wer geht nicht wählen und was sind Motive, nicht zu wählen?

In der Studie „Gelegenheitswähler*innen auf der Spur - Motive der Nichtwahl und Wege zur Stärkung der Wahlbeteiligung“ der Friedrich Ebert Stiftung von 2023 wird eine Differenzierung von sechs Persona unternommen, um Nichtwahlgründe zu erfassen. Die Nichtwähler*innen-Typen werden hier verkürzt wiedergegeben:

1. Die Zurückgekehrten schätzten Wahlen früher nicht als relevant für das eigene Leben ein. Haben heute ihre Meinung geändert

2. Die Vergesslichen haben versäumt, rechtzeitig die Briefwahl zu beantragen oder am Wahltag ins Wahlbüro zu gehen

3. Die Berechnenden wägen ab, ob sich die Stimmabgabe für sie lohnt - im Sinne vom angenommenen Einfluss ihrer Stimme auf den Wahlausgang.

4. Die Krisengestressten sind im Alltag stark von Krisen betroffen und  empfinden Politik als Stressfaktor, der negative Stimmung verursacht.
 

5. Die Gleichgültigen haben das geringste politische Interesse - weil sie glauben, dass Politik weder im Guten noch im Schlechten Einfluss auf sie hat.

6. Die Wütenden sind für demokratische politische Akteur*innen kaum noch zu erreichen. Ihr politisches Interesse ist nicht unbedingt gering, wird aber von Wut auf Parteien und Politiker*innen bestimmt.

In einer weiteren Studie der Friedrich Ebert Stiftung von 2023 „Wer fehlt an der Wahlurne?“ werden Muster der Wahlteilnahme und Nichtwahl bei der letzten Bundestagswahl untersucht. 

Dabei wird aufzeigt: 

„Je ärmer ein Wahlkreis oder ein Stadtteil ist, desto niedriger fällt die Wahlbeteiligung dort aus. Die Wahrscheinlichkeit, nicht zu wählen, ist bei Menschen mit geringem Einkommen und niedriger formaler Bildung besonders hoch.“

Ob Menschen sich beteiligen oder enthalten, hängt - so die Studie - neben dem Zugriff auf Ressourcen wie bspw. Bildung, Einkommen oder sozialem Kapital noch von zwei weiteren Faktoren ab:
- Motivation (Vertrauen, Überzeugung etwas bewirken zu können versus Zweifel und Desillusionierung)
- und von Netzwerken (soziale Kontakte - Arbeit, Freundeskreis, Familie etc.)


Doch es gibt noch weitere Hindernisse für Wahlunterdrückung und Abkehr vom Gebrauch des eigenen Wahlrechts. 

Hindernisse für die Wahlbeteiligung

Auf ihrer Website schreibt die Deutsche Bundesregierung, dass im Superwahljahr 2024 um die Wahrheit gerungen wird.

Manipulierte Videos, Desinformation und gefälschte Nutzerkonten machten es Menschen schwer, sich zu orientieren. Fakes verbreiteten sich rasend schnell über Kanäle der sozialen Medien, besonders im Vorfeld von Wahlen treten z.B. Deepfakes und Falschinformationen vermehrt auf. Die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz spielt bei all dem ebenfalls eine Rolle.

Fehlinformationen durchschauen

Laut einer Umfrage der Reboot Stiftung „Misinformed & Misled: Uncertainty, Mistrust and Disinformation frustrate Voters“ sind derzeit nur 28 % der Menschen "sehr zuversichtlich" was ihre Fähigkeit angeht, Fehlinformationen bei Wahlen zu erkennen und zu überprüfen. Damit würde eine Grundlage für Misstrauen geschaffen. Misstrauen verhindere, dass Menschen sich auf andere Ansichten und Perspektiven einlassen - und von ihnen lernen können.

Die Umfrage zeigt ebenfalls, dass engagierte Bürger*innen - definiert als Personen, die an öffentlichen Versammlungen oder Protesten teilnehmen und die mit politischen Vertreter*innen im Austausch stehen oder mit anderen Organisationen und Vereinen gemeinwohlorientiert zusammenarbeiten - Fehlinformationen besser erkennen können. Die Wahrscheinlichkeit, Misinformationen zu durchschauen sei bei dieser Gruppe 67 % höher, als bei Menschen die innerhalb der Gemeinschaft nicht engagiert oder beteiligt sind.

Stetige Präsenz als Gegenmittel zu Nichtwahlgründen

Eine Erkenntnis der Studie “Gelegenheitswähler*innen auf der Spur” lautet:

Eine steigende Wahlbeteiligung wird nicht nur durch Wahlkämpfe zu erreichen sein – vielmehr verlangen die Nicht- und Gelegenheitswähler*innen (genau wie die meisten anderen Bürger*innen) eine stetige Präsenz.

Und auch unser Ansatz ist und war immer: Mit strategischer, inklusiver und nachhaltiger Beteiligung können Kommunen Vertrauen aufbauen. Und eine bessere Politik gestalten.

Ist Bürgerbeteiligung die Lösung für alle Herausforderungen?

Bürger*innenbeteiligung hat viele positive Effekte. Aber nur dann, wenn sie nicht als Echokammer der immer gleichen Stimmen fungiert. Eine vielfältige, zielgruppensensible Inklusion ist hier entscheidend. Und das aufrichtige Interesse am Wissen, am Austausch und an der Kollaboration mit den Bürger*innen. So kann langfristig eine vertrauensvolle Basis entstehen. Die Folge: Bürger*innen sind weniger anfällig für Manipulationen oder populistische Ablenkungsmanöver.

Bürger*innen, die ihren politischen Vertreter*innen vertrauen, werden darüber hinaus viel wahrscheinlicher beteiligt sein und bleiben - was sich auch auf die Wahlbeteiligung auswirken wird. Beteiligte Bürger*innen haben eine deutlich höhere Bürger*innen-Kompetenz. Inklusivität und Repräsentativität sind wesentliche Faktoren, wenn es um gelingende Partizipation geht. Zu diesem Thema haben wir schon mal einen Artikel erfasst, in dem sich etliche Ansätze finden, wie schwer erreichbare Zielgruppen erreicht und aktiviert werden können.

Kommunikation und Vertrauen: Wie eine digitale Plattform helfen kann

Die FES-Studie „Wer fehlt an der Wahlurne“ von 2023 führt in ihrem Fazit auf, dass:
Bürger*innen fordern, dass die Kommunikation mit ihnen nicht nur in Wahlkampfzeiten beschränkt sein dürfe. Politik bzw. Parteien sollten ihre Kommunikation verstetigen.“

Eine digitale Beteiligungsplattform ist eine ideale Drehscheibe für kommunikative Verstetigung und langfristigen Vertrauensaufbau - nicht nur, aber auch zu Wahlzeiten. Sie kann Nutzer*innen mit Informationen zu Programmen versorgen, Kampagnen zur staatsbürgerlichen Bildung verbreiten, oder an Wahlen erinnern. Reminder, Rückmeldungen, Zwischenberichte und Dokumentationen - all das lässt sich auf einer Plattform zusammenbringen.

Studien und Befragungen zeigen aber immer wieder, dass es den Menschen heute nicht mehr reicht, alle paar Jahre für eine Wahl aktiviert zu werden, um ein Kreuz zu machen. Bürger*innen möchten auch zwischen den Wahlen mitreden und mitentscheiden. Eine Plattform trägt dazu bei, dass diesem Anspruch Rechnung getragen wird. Beteiligung lässt sich mit einer digitalen Beteiligungsplattform gut verstetigen, was sich positiv auf die Entwicklung einer Kultur der aktiven Teilhabe auswirkt. 

Alle vier Jahre wählen zu gehen ist keine Bürgerbeteiligung - Partizipation funktioniert nur kontinuierlich

Durch eine regelmäßige, aufrichtige und informative Beteiligung erleben  Bürger*innen, dass ihr Einsatz sich lohnt. Für sie persönlich, für ein bestimmtes Alltagsthema, oder für das Gemeinwohl. Diese Positiverlebnisse helfen zu überzeugen, sich in Zukunft weiter politisch einzubringen.

Bürger*innenbeteiligung ist keine einmalige Sache, sondern eine Grundhaltung. Nutzen Sie eine Beteiligungsplattform als kontinuierliche Begleitung Ihrer Politik, vor Wahlen genauso, wie nach Wahlen. Das Vertrauen der Menschen in die Demokratie wird davon profitieren! 

Laden Sie sich hier unseren kostenlosen Leitfaden zum Aufbau einer Beteiligungskultur herunter.