Wir haben gute Nachrichten: Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel zur inklusiven Bürgerinnenbeteiligung, wie Sie Ihre Partizipation breit aufstellen können und auch schwer erreichbare Zielgruppen aktivieren. Welche Überzeugungen es für eine plurale Bürgerinnenbeteiligung braucht und welche Herangehensweisen zu Inklusion führen!  

Sie haben es eilig? Dann springen Sie direkt zu den 10 Tipps!

Warum zögern Menschen, sich in kommunale Themen einzubringen?

Die bessere Frage ist wohl die: Was sind die verschiedenen Hürden, die Bürger*innen in Ihrer Stadt oder Kommune nehmen müssen, damit Beteiligung für Sie überhaupt ein Thema sein kann?

Ihre Verwaltung ist gefragt hier Antworten zu finden. Denken Sie an

  • Menschen, deren Muttersprache vielleicht nicht Deutsch ist
  • junge Menschen
  • Alleinerziehende oder berufstätige Eltern
  • Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen, z. B. Seh- und Hörbehinderungen
  • armutsgefährdete Personen, die sich ein Busticket zum Rathaus nicht leisten können
  • oder die, die in Orten leben, wo überhaupt kein Bus fährt.

Identifizieren Sie, für welche Gruppen Beteiligung besonders herausfordernd ist. Dann wissen Sie auch, welche Gruppen von einer Ausgrenzung am Mitgestalten bedroht sind – oder warum sie zögern!

Das unsichtbare Drittel

Eine weitere Hilfestellung bietet die Aufteilung in der More in Common-Studie „Mehr Erreichen: Impulse für eine breitere Bürgerbeteiligung vor Ort“. Hier wird in einer Dreiteilung in 6 Bürgerinnentypen unterschieden, wobei sich das unterste Drittel aus den sog. Enttäuschten und Pragmatischen zusammensetzt. Bürgerinnen, die oft nicht mitgedacht werden. Die Unsichtbaren. Charakteristisch  ist, dass diese Menschen weder gesellschaftlich noch politisch gut eingebunden sind, dass oft Desorientierung vorherrscht.  

Quelle: More in Common: „Mehr Erreichen: Impulse für eine breitere Bürgerbeteiligung vor Ort“ (2023), https://www.moreincommon.de/media/fuapjboa/moreincommon_mehrerreichen.pdf (Stand Mai 2023)

Je sensibler Ihre individuelle “Bestandsaufnahme”,  desto vielseitiger die Lösungen, die für eine breite Beteiligung entstehen können. Sie möchten ja, dass alle wichtigen Gruppen repräsentiert sind, die das Beteiligungsthema betrifft – und nicht die “üblichen 10”, deren Meinung Sie schon so oft gehört haben. Breite Beteiligung hilft auch, politischer Teilnahmslosigkeit und Abkopplung vorzubeugen. Inklusion und Teilhabe sind gesund für die Demokratie!

Warum haben Menschen Vorbehalte gegenüber Beteiligung?

Neben oben genannten Hindernissen – oder schwierigen Rahmenbedingungen – gibt es auch Vorbehalte, die Menschen haben könnten, wenn es um Bürger*innenbeteiligung geht.  Auch die gilt es zu beachten, damit eine  integrierte Partizipation möglich werden kann. In ihrem  Wegweiser Breite Beteiligung führt die Bertelsmann-Stiftung drei maßgebliche Vorbehaltstypen auf:

  1. Persönliche Vorbehalte der Bürgerinnen – das kann fehlende Motivation sein, aber auch Skepsis oder fehlende Ressourcen. Beispiele: Was soll meine Stimme schon bewirken? – oder: Für sowas fehlt mir die Zeit.
  2. Projektbezogene Vorbehalte – z. B. ist die Ansprache nicht verständlich oder die Zielsetzung nicht nachvollziehbar. Die Reaktionen darauf bspw.: Ich kann das nicht gut verstehen oder: Ich glaube nicht, dass das etwas für mich/uns verbessern wird.
  3. Vorbehalte und Fehlerquellen auf der Seite der Organisatorinnen. Beispiele: Lohnt sich die ganze Arbeit überhaupt? Wie sollen wir das schaffen? Das kostet zu viel!

Ob Bürger*innenbeteiligung erfolgreich werden kann, hängt also von vielen komplexen Faktoren ab. Das Gute: jedes Hindernis lädt zu Überlegungen für eine konkrete Maßnahme zur Überwindung desselben ein – Beispiel:

Problem:

  • Für sowas fehlt mir die Zeit Ich kann das nicht gut verstehen
  • Ich kann das nicht gut verstehen

Lösung:

  • Beteiligungsoption zeit-, raumunabhängigund kompakt gestalten, z.B.: Online-Abstimmung
  • Einfache Sprache nutzen, Ansprache inverschiedenen Sprachen, Vermittlerinnen/ Multiplikatorinnen einbinden

“Es sind weniger die Menschen, die der Beteiligung fern sind, sondern es sind oftmals die Teilhabeangebote, die den Menschen fern sind.”
Jörg Sommer, Direktor Berlin Institut für Partizipation

Voraussetzungen für qualitätsvolle und inklusive Beteiligung

Jetzt aber zu den konstruktiven Herangehensweisen für Ihre inklusive Beteiligung!
Was sind Voraussetzungen, damit auch marginalisierte Bevölkerungsgruppen in Beteiligungsangebote inkludiert werden – und breite Beteiligung gelingen kann? Wann machen die Menschen bei Beteiligung wirklich mit? Und welche Unterstützung brauchen Gruppen bei der Mitwirkung?

Inspiriert von den zehn Qualitätskriterien für gute Beteiligungsverfahren des „Netzwerk Bürgerbeteiligung“, teilen wir unsere

10 Empfehlungen, um schwer erreichbare Zielgruppen zu beteiligen:

  1. Bauen Sie Brücken zu Ihren vielfältigen Zielgruppen! Und sprechen Sie die Menschen so an, dass sie Sie verstehen! Inklusive Kommunikation – z. B. die Verwendung einfacher Sprache – bedeutet auch inklusive Bildsprache (z. B. wenn Menschen auf Flyern oder Webseiten Bilder von Menschen, wie sich selbst sehen, fühlen sie sich eher angesprochen)
  2. Bieten Sie hybride Formate an: Wählen Sie einen geeigneten Methoden-Mix, der von den Menschen akzeptiert und verstanden wird (Bürger*innenrat nach Zufallsauslosung, Ideenentwicklung im ‘World-Cafe’ uvm.)
  3. Bauen Sie persönliche, projektbezogene und organisatorische Vorbehalte ab
  4. Agieren Sie auf Augenhöhe, betrachten Sie alle Zielgruppen als Expert*innengruppen und denken Sie generationenübergreifend
  5. Seien Sie mit Ihrer Beteiligung beweglich: suchen Sie Orte auf, an denen sich gewünschte Zielgruppen aufhalten (“aufsuchende Beteiligung” – Vehikel können Nachbarschaftsgespräche, Orte der Begegnung sein) und finden Sie heraus, was Ihre Zielgruppe interessiert und bewegt!
  6. Führen Sie Beteiligungsverfahren in vertrauten Umgebungen durch (z. B. im Kindergarten, im Verein oder Schule) und gewährleisten Sie eine Barrierefreiheit der Partizipationsangebote (z. B. Dolmetsch-Service, Kinderbetreuung)
  7. Sorgen Sie dafür, dass digital nicht angeschlossene Menschen (Senior*innen, von Armut betroffene Menschen etc.) der Zugang zu Partizipation ermöglicht wird (In Deutschland haben – Stand 2022 – 6 Prozent der Menschen zwischen 16 und 74 noch nie das Internet genutzt – das entspricht, 3,4 Mio. Menschen) und erleichtern Sie es einkommensschwachen Personengruppen, Beteiligungsangebote wahrzunehmen (etwa indem Fahrtkosten übernommen oder Aufwandsentschädigungen gezahlt werden)
  8. Holen Sie Multiplikator*innen an Board und binden Netzwerke ein und ermuntern Sie bereits engagierte marginalisierte Gruppen zur Übernahme von Aufgaben
  9. Schaffen Sie Verlässlichkeit und Transparenz – so entsteht Vertrauen bei den Bürger*innen – für aktuelle Partizipationsangebote, aber auch für Beteiligung in Zukunft!
  10. Gestalten Sie Ihre Beteiligung nicht nach Schema F, sondern gehen Sie individuell, kreativ und auf Augenhöhe vor. Und nutzen Sie hybride Beteiligung! Schließen Sie die Menschen in Ihrer Stadt und Kommune systematisch ein. Dann erreichen Sie sogar Zielgruppen, die als besonders schwierig gelten.

Wie Go Vocal bei inklusiven Beteiligungsprojekten unterstützt

Go Vocal hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Inklusion und Barrierefreiheit bei Partizipationsprojekten zu fördern. Unsere Plattform bietet eine Vielzahl von Funktionen und Werkzeugen, um Projekte besser zugänglich und inklusiver zu gestalten:

  1. Einfache und intuitive Nutzung: Die Plattform von Go Vocal ist anwendungsfreundlich und intuitiv gestaltet, sodass sie von Menschen mit unterschiedlichen technischen Fähigkeiten und Wissensstand genutzt werden kann.
  2. Barrierefreie Webdesign-Prinzipien: Go Vocal hält sich an die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), um sicherzustellen, dass die Plattform für Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen zugänglich ist.
  3. Mehrsprachigkeit: Um Sprachbarrieren abzubauen, unterstützt die Go Vocal-Plattform mehrere Sprachen, sodass Bürger*innen in ihrer Muttersprache teilnehmen können.
  4. Vielfältige Auswahl an Beteiligungsmethoden: Die Go Vocal-Plattform bietet eine Vielzahl an Beteiligungsformaten, die Sie nutzen können, um sicherzustellen, dass alle Menschen ihre Stimmen in einer von ihnen bevorzugten und effektiven Weise teilen können. Zusätzlich bietet die Plattform eine Brücke zwischen Online- und Offline-Beteiligung: Sie können die Plattform beispielsweise auch nutzen, um bevorstehende Vor-Ort-Veranstaltungen anzuzeigen und Schlussfolgerungen aus Präsenz-Events hinzufügen, um volle Transparenz im Beteiligungsprozess zu gewährleisten.

Für eine Vertiefung empfehlen wir Ihnen unser kostenloses Handbuch Inklusion in der digitalen Demokratie.

Dieser Artikel wurde zuerst als Gastbeitrag für das Berlin Institut für Partizipation (bipar) veröffentlicht.

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