Bottom-Up: Das bedeutet, dass die Bevölkerung – oder eine bestimmte Zielgruppe – aufgefordert ist, Vorschläge, Initiativanträge oder Bürgerpetitionen einzureichen, die die Stadt für alle besser machen sollen. Und nicht, auf Einladung der Verwaltung zu einem bestimmten vorgegeben Thema, Ideen oder Rückmeldungen zu geben.

Wir möchten in diesem Beitrag das Format der Bürger*innenvorschläge ins Scheinwerferlicht rücken. Das Einbeziehen der Bürger*innen stärkt die lokale Demokratie – und ist ein weiterer Schritt zu innovativer, sinnvoller Beteiligung.

Dafür besuchen wir auch zwei schöne Städte in Europa, die jüngst oder längst mit Bottom-Up-Beteiligung arbeiten und von denen sich sicher die eine oder andere Herangehensweise abgucken lässt: Linz und Kopenhagen!  Zuvor tauchen wir noch kurz ab in allgemeine Tipps & Empfehlungen.

Warum ist es so wichtig, den Anliegen der Bürger*innen mehr Gehör zu verschaffen?

Vorschläge von Bürger*innen, weiterführende Initiativanträge oder Bürgerpetitionen sind für Kommunalverwaltungen eine wertvolle Möglichkeit, um die Themen mitzubekommen, die den Menschen am Herzen liegen. Aber nicht nur das – durch die Vorschläge von den Bürger*innen besteht auch die Chance, auf Lücken aufmerksam zu werden, die es in der politischen Agenda (noch) gibt.

Die Initiative der Bürger*innen in Beteiligung lenken!

Die Initiative von Bürger*innen ist ein demokratischer Schatz. Oft wegen des Arbeitsaufwands der Verwaltungen gescheut, können digitale Plattformen helfen, diese Energien und den Wunsch nach Mitbestimmung freizusetzen. Mithilfe einer Beteiligungsplattform können Vorschläge aus der Bürger*innenschaft ganz leicht verstärkt und mühelos weiterverfolgt werden. Das funktioniert vereinfacht so: Initiativanträge oder Bürger*innenvorschläge können jederzeit eingereicht werden.

Solche Themen, die einen (vorher von jeder Kommunalverwaltunge individuell) festgelegten und transparent kommunizierten Schwellenwert erreichen – z.B. eine bestimmte Anzahl von Kommentaren oder Votierungen – erhalten eine Gegenleistung. Das kann eine offizielle Antwort sein, ein Platz auf der Tagesordnung der nächsten Ratssitzung oder sogar die Möglichkeit, dass die betreffenden Bürger*innen ihren Vorschlag auf der Ratssitzung präsentieren.

Transparenz, klare Kriterien für erfolgversprechende Bottum-Up-Beteiligung

Kommunalverwaltungen, die Bürger*innenvorschläge auf ihren Beteiligungsplattformen einladen, müssen klare Kriterien für diesen Prozess festlegen und die Bürger*innen darüber informieren, was sie erwarten können. So kann es nicht zu Enttäuschungen und Unzufriedenheit kommen.

Kriterien sind üblicherweise:

  • Die Anzahl der Stimmen, die erforderlich ist, damit ein Vorschlag oder eine Initiative berücksichtigt wird.
  • Der zeitliche Rahmen, um Unterstützung für die Idee oder das Projekt zu gewinnen
  • Die Kriterien für die Förderfähigkeit. Diese Kriterien werden allen mitgeteilt, die eine Initiative starten.(In der Regel: Diskriminierungsfreiheit, am Gemeinwohl orientiert, ggfs. sind auch Kosten relevant).
  • Nächste Schritte, sobald eine Idee die gewünschte Schwelle erreicht hat: Wird die Idee automatisch auf die Tagesordnung gesetzt? Treffen sich die Bürger mit den zuständigen Stellen im Rathaus? Stellt die Stadt Mittel für die Idee zur Verfügung? Eine klare Definition dieser Schritte ist wichtig,

So viel zur Theorie. Wie übersetzt sich das nun in Verwaltungsprozesse und in den Arbeitsalltag von Städten und Kommunen?

Neu dabei mit Online-Partizipation: 12.000 registrierte Kopenhagener*innen

Kopenhagen hat jahrelange Erfahrung mit der analogen Beteiligung der Bevölkerung. Und so war der Start der digitalen Beteiligungsplattform im August 2023 mit Bürger*innenvorschlägen ein großer Schritt. Viel politischer Ehrgeiz und die Überzeugung vom Wert von Bottom-up-Ansätzen sei dafür nötig gewesen.

Die Stadt lud ihre Einwohner*innen ein, über die Plattform Vorschläge für Projekte zur Verbesserung Kopenhagens einzureichen und setzte sich das ehrgeizige Ziel, innerhalb des ersten Jahres 20.000 Bürger*innen zu erreichen. 4 Monate nach Plattformstart hatten sich bereits 12.000 Menschen registriert. Alle anfänglichen Zweifel dürften ausgeräumt sein.

Wir wollten mit dem Bottom-up-Ansatz an die Beteiligung gehen, um die Menschen auf andere Weise einzubeziehen, in der Hoffnung, dass diese Methode zu mehr direkter Demokratie anregen würde. Wir sind der Meinung, dass Vorschläge dazu beitragen können, mehr Menschen einzubeziehen. Das hilft uns, ein breiteres Spektrum an Ideen und Perspektiven zu erreichen, wenn wir die Zukunft Kopenhagens entwickeln.
- Aja Faurschou Enghoff, die Projektmanagerin der Stadt Kopenhagen

In Kopenhagen hat ein Vorschlag dann Aussicht auf Erfolg, wenn er drei Mitantragsteller hat. Die Projektleitung prüft auf eine Reihe von Kriterien und gibt den Vorschlag dann an eine zuständige Person aus einem der sieben Verwaltungsbereiche weiter (auf die sich der Vorschlag bezieht). So wiederum gelangt das Anliegen zum Fachamt, wo es weiterführend geprüft wird. Die Projektleitung erhält kurze Zeit später eine Rückmeldung, die dann auf der Plattform dem Vorschlag angeheftet wird.

Dieser Screening-Prozess dauert maximal 10 Arbeitstage. Für die Prüfung durch die Fachausschüsse werden drei Monate eingeplant. Der Fachausschuss gibt dann seine Empfehlung an den Stadtrat ab, der bei der nächsten Sitzung final über die Angelegenheit entscheidet.

Es ist sehr hilfreich, dass unser Team direkt und transparent offizielle Stellungnahmen und Aktualisierungen zu den eingereichten Vorschlägen verfassen kann, und dass diese Antworten für alle Plattform-Nutzer*innen sichtbar sind. Das spart Zeit, die wir sonst für die Beantwortung von E-Mails mit der Bitte um Aktualisierungen aufwenden müssten. Die Plattform verhilft uns zu mehr Transparenz, was hoffentlich zu mehr Vertrauen und Einsicht in die Arbeitsweise unserer Verwaltung führt.
- Aja Faurschou Enghoff, die Projektmanagerin der Stadt Kopenhagen

Mehr über das Projekt erfahren? Lesen Sie unsere ganze Fallstudie

Linz: immer offen für neue Ideen

Wer sich mit Beteiligung auseinandersetzt, weiß, dass Linz nicht nur Vorreiter ist in Sachen Partizipation. Sondern auch ausgezeichnet ist mit dem Österreichicshen Verwaltungspreis 2021 für die Beteiligungsplattform ‚Innovationshauptplatz‘. Linz nutzt schon seit einigen Jahren Bürger*innenvorschläge als „Bottom-up“-Möglichkeit.

Die Online-Partizipation über die Innovationshauptplatz-Plattform ist eine tolle Möglichkeit, um die Stadt Linz mitzugestalten. Um möglichst viele unterschiedliche Menschen, Alters- und Interessensgruppen zu erreichen, kann die digitale Beteiligung aber nur ergänzend zu anderen – vor allen Dingen analogen – Maßnahmen dienen.
- Silvia Hackl, Innovationshauptplatz Linz

Erst vor ein paar Wochen startete das Innovationshauptplatz-Team um Silvia Hackl ihre neue Online-Plattform. In kürzester Zeit hatten zwei Vorschläge den Schwellenwert von 50 Stimmen erreicht. 60 Tage haben Initiativanträge und Bürger*innenvorschläge insgesamt Zeit, diese 50 Stimmen zu schaffen. Ist die erste Hürde geschafft, lädt das Beteiligungsteam im nächsten Schritt sowohl Ideengeber*innen als auch Kolleg*innen aus den Fachbereichen des Vorschlags zu einem gemeinsamen Gespräch ein, in dem die weitere Umsetzung der Idee aus allen Winkeln betrachtet und erörtert wird – auch was Herausforderungen sein könnten.

Der offene Austausch ist uns wichtig, deshalb wird nach dem Gespräch auch ein Statement auf der Plattform als offizielles Update veröffentlicht, um die Community auf dem Laufenden zu halten.
- Silvia Hackl, Innovationshauptplatz Linz

Mitgestalten, mitreden, mitmachen: Online und Offline!

Für weniger digital affine Menschen hat die Stadt Linz natürlich analoge Alternativen zur Plattform, sogar ein Büro in der Fußgängerzone, in dem der Leitspruch „Open for new ideas“ an der Wand leuchtet. Oft werden Beteiligungsprozesse kombiniert – und immer auf die Zielgruppe zugeschnitten. So läuft es auch beim Partizipations-Workshop „Create your City!”, der sich an  Schülerinnen und Schüler ab Sekundarstufe 1 richtet. Zunächst wird  bei regelmäßigen (analogen) Terminen im Alten Rathaus die Neugier und Zukunftslust der Schüler*innen geweckt und sie werden ermutigt, eigene Ideen auf der Plattform einzureichen. Was dann im nächsten Schritt auch oft passiert.

Wir sind jedes Mal wieder begeistert, welche Gedanken sich junge Menschen über die Stadt und das Miteinander in Linz machen und wie sehr sie es schätzen, wenn man ihnen zuhört und ihre Anliegen auch ernst nimmt.  
- Silvia Hackl, Innovationshauptplatz Linz  

Die 10 Termine für dieses Jahr sind schon ausgebucht. Das Interesse in der Bevölkerung und der Wunsch nach Austausch mit der öffentlichen Verwaltung, den Wirtschaftsbetrieben sowie Bildungseinrichtungen in Linz ist sehr groß. Das stimmt sehr hoffnungsfroh!  

Mehr über das Projekt erfahren Sie in unserer Fallstudie von 2020.

Trend zu mehr Beteiligungsmethoden, die die Bürger*innen stärker einbeziehen

Transparenz und Bürger*innenbeteiligung werden immer stärker eingefordert. Überall auf der Welt finden sich Beispiele für positive gesellschaftliche Veränderungen, die von Bürger*innen initiiert wurden.  Ob in den sozialen Medien oder über offizielle Kanäle – Petitionen und öffentliche Initiativen können heute schnell Unterstützung finden und Einfluss auf politische Entscheidungsträger*innen ausüben.

Die Vorschläge-Funktion auf der Beteiligungsplattform von Go Vocal macht es den Bürger*innen und auch den Mitarbeitenden der Kommunalverwaltungen leicht. Vorschläge einreichen ist unkompliziert, und genauso deren Weiterverfolgung.

Wollen auch Sie die partizipative Demokratie stärken und mehr Bürger*innen animieren, die Gesellschaft mitzugestalten? Dann setzen Sie sich doch für ein Beratungsgespräch mit uns in Verbindung!