Im August 2023 hat die Stadt Kopenhagen in Dänemark mit einer neuen Bürger*innen-Beteiligungsinitiative einen mutigen Schritt auf ihrem Weg zu einer partizipativeren Demokratie getan: Sie forderte die Einwohner*innen auf, Vorschläge für Projekte zur Verbesserung der Stadt einzureichen.

Mit klaren Vorgaben und dem Appell an die Einwohner*innen, gemeinsam Initiativen vorzuschlagen, verfolgte die Stadt das Ziel, in den ersten anderthalb Jahren des Projekts 20.000 Einwohner*innen zu erreichen. Wie weit ist die Stadt nun mit Ihrer Mission vorangekommen? Wir haben uns mit Aja Faurschou Enghoff, Projektmanagerin bei der Stadt Kopenhagen, zusammengesetzt, um um den neuesten Projektstand zu sprechen.

Entscheidung für die Nutzung einer digitalen Bürger*innenbeteiligungsplattform

Ganz konkret benötigte das Team der Stadt Kopenhagen eine digitale Plattform, die ein auf Vorschlägen basierendes Projekt unterstützen und von mehreren Verwaltungen genutzt werden konnte.

Aja: Wir wussten, dass eine sofort einsatzbereite Lösung für uns am besten funktionieren würde, und Go Vocal hat sich in dieser Hinsicht wirklich ausgezeichnet. Kopenhagen ist stark auf die Beteiligung der Einwohner*innen ausgerichtet, und wir planen, dass im Jahr 2024 alle sieben Stadtverwaltungen die Plattform nutzen werden. Da jede Verwaltung Projekte zu unterschiedlichen Themen durchführt und unterschiedliche Beteiligungsmethoden nutzen möchte, wollten wir unsere Vorschlagsinitiative auf einer Plattform starten, mit der wir das Potenzial einer gemeinsamen Beteiligungsplattform für die gesamte Stadtverwaltung testen und bewerten können.

Vorbereitungen für eine erfolgreiche Koordination des Beteiligungsprojekts

Bei einem so großen Vorhaben wollte das Team der Stadt Maßnahmen ergreifen, um effektiv zwischen den Abteilungen und mit den Einwohner*innen zusammenzuarbeiten, also haben sie einen Plan aufgestellt.

Aja: Es kann für Einwohner*innen und Mitarbeitende der Stadtverwaltung gleichermaßen schwierig sein, alle Beteiligungsinitiativen zu kennen, die in den verschiedenen Verwaltungen laufen. Daher planen wir im Jahr 2024 eine gemeinsame digitale Plattform einzuführen, um die Vorteile einer zentralen Anlaufstelle zu evaluieren. Einer der größten Schritte, die wir unternommen haben, um diese kohärenten Bemühungen zu koordinieren, geht auf das Jahr 2018 zurück, als wir gemeinsame Grundsätze und Leitlinien für die Bürger*innenbeteiligung entwickelt und vereinbart haben – sie bilden das Rückgrat unserer aktuellen Initiativen.

In Bezug auf unsere interne Organisation haben wir die anderen Verwaltungen und Abteilungen kontinuierlich in Führungstreffen und durch unsere Lenkungsausschüsse eingebunden.

Beteiligung von unten nach oben

Kopenhagen hat jahrelange Erfahrung mit Bürger*innenbeteiligung. Dennoch war der Start ihrer digitalen Beteiligungsplattform mit Vorschlägen ein großer Schritt – einer, der politischen Ehrgeiz und die Überzeugung vom Wert von Bottom-up-Ansätzen erforderte.

Aja: Wir wollten einen Bottom-up-Ansatz verwenden, um die Menschen auf andere Weise zu beteiligen, in der Hoffnung, dass diese Methode zu mehr direkter Demokratie anregen würde. Wir sind der Meinung, dass Vorschläge dazu beitragen können, mehr Menschen zu beteiligen, und das hilft uns, ein breiteres Spektrum an Ideen und Perspektiven zu erreichen, um die Zukunft Kopenhagens zu entwickeln.

Kommunikationspläne zur Förderung der Bürger*innenbeteiligung

Wie stark oder überzeugend ein Projekt auch sein mag, es ist wichtig, dass Sie Zeit und Ressourcen einplanen, um es zu fördern, damit die Bevölkerung weiß, wie sie sich beteiligen kann.

Aja: Bei unserem Start haben wir eine Social Media-Kampagne gestartet, wiedererkennbare Bilder auf digitalen Schildern in den Straßen aufgehängt, eine große Eröffnungsveranstaltung in einer U-Bahn-Station durchgeführt, die Ankündigung im Intranet veröffentlicht damit alle Mitarbeitenden der Stadtverwaltung über das Projekt informiert sind, und auch die Presse in lokalen und nationalen Zeitungen und digitalen Medien informiert.  

Neben diesen eher traditionellen Kommunikationstaktiken haben wir auch die Netzwerke und Partner informiert, mit denen wir eng zusammenarbeiten, darunter Verbände, die aus zivilgesellschaftlichen Gruppen bestehen, die Vertrauen und Beziehungen unter den Kopenhagenern aufgebaut haben. Wir haben darauf geachtet, dass unser Kommunikationsbudget über die Einführung hinausgeht, so dass wir Pop-ups veranstalten konnten – unter anderem an U-Bahn-Stationen mit kleinen Mitbringsel/Geschenken und Informationen. Kürzlich haben wir für die Feiertage ein Pop-up veranstaltet, das sich an Familien mit kleinen Kindern richtete, weil wir diese Zielgruppe gerne aktiver sehen würden und wissen, dass sie mehr Hindernisse zur Beteiligung haben.

Förderung einer kontinuierlichen, wachsenden Bürger*innenbeteiligung

Eine Einführungsstrategie ist eine Sache, aber um eine kontinuierliche Beteiligung der Bevölkerung zu fördern, bedarf es einer Teamleistung und eines gezielten Plans, der sich an die Erkenntnisse, die Sie im Laufe der Zeit gewinnen, anpasst.

Aja: Nach unserem Start hatten wir einen Fischteich „Københavnerdammen“ bei der Kulturnacht im Rathaus, ebenso wie unser offenes Rathaus „Åbent Rådhus“ (eines unserer Pilotprojekte) im November. Fischteiche sind in unserer Kultur sehr beliebt, deswegen hatten wir eine Version, die die Teilnehmenden spielen konnten, wenn sie sich auf der Plattform registrierten oder für einen aktiven Vorschlag stimmten.

Es ist nun schon ein paar Monate her, dass wir gestartet sind, und als nächstes planen wir im März eine Pecha Kucha (eine auf Erzählungen basierende Präsentation) mit verschiedenen Verbänden, um ihre Ideen (im Rahmen unserer Vorschlagskriterien) zu diskutieren. Die Menschen werden bei der Veranstaltung sowohl digital als auch physisch abstimmen können.

Zu Beginn des Frühjahrs planen wir, in einigen Bibliotheken und Kulturgebäuden eine Ideenbox aufzustellen, in der Menschen anonym ihre Ideen teilen können, entweder in analoger Form oder digital. Unser Team wird die analogen Ideen sammeln und sie auf die digitale Plattform stellen. Dabei handelt es sich nicht um Vorschläge selbst, sondern um eine Ideenbank, die andere zur Entwicklung ihrer Vorschläge inspirieren kann. Wir hoffen, dass wir auf diese Weise mehr Menschen mobilisieren und Einwohner*innen berücksichtigen können, die sich nicht öffentlich beteiligen möchten. Schließlich geht es uns darum, die demokratischen Muskeln der Menschen auf die Weise zu trainieren, die für sie am angenehmsten ist!  

Moderation für eine sichere und produktive Bürger*innenbeteiligung

Wenn Sie sich darauf vorbereiten, wie Sie mit unproduktiven oder sogar hasserfüllten Beiträgen umgehen, können Sie Ihr Partizipationsteam erfolgreicher machen und gleichzeitig Transparenz gegenüber Ihrer Bevölkerung praktizieren.

Aja: Ob ein Vorschlag kontrovers oder problematisch ist, kann subjektiv sein. Deshalb haben wir klare, strukturierte Kriterien für alle unsere Vorschläge aufgestellt, die öffentlich zugänglich sind, damit jede*r, der/die einen Vorschlag einreicht, weiß, was von ihm/ihr erwartet wird. Wenn die Kriterien nicht erfüllt sind, wird der Vorschlag abgelehnt. Diese Kriterien haben uns geholfen – die Qualität aller bisher eingereichten Vorschläge war gut.

Die Kriterien, an die sich die Teilnehmenden halten müssen, haben ihnen geholfen, solide Vorschläge zu entwickeln, und die erforderliche Beteiligung von mindestens drei Co-Sponsor*innen oder Mitzeichner*innen – also insgesamt vier Personen – an einem Vorschlag sorgt für ein zusätzliches Maß an Eigenverantwortung, so dass wir sehen, dass die Teilnehmenden den Prozess wirklich ernst nehmen. Viele Co-Sponsor*innen teilen zum Beispiel den Link zu ihrem Vorschlag über soziale Medien mit ihren persönlichen Netzwerken, um die Menschen zu ermutigen, für den Vorschlag zu stimmen. Das bedeutet, dass wir eine höhere Beteiligung an den Ideen der Bevölkerung feststellen, und das ist es, was wir wollten.

Eine Beteiligungsplattform, die sich für Vorschläge eignet

Das Team in Kopenhagen hat die Richtlinien für ein erfolgreiches Vorschlagsprojekt wirklich gut durchdacht, aber das bedeutet auch, dass sie sich in hohem Maße beteiligen. Die Beteiligungsplattform von Go Vocal verfügt über Funktionen, die es den städtischen Mitarbeitenden ermöglichen, sich mit den Vorschlägen zu befassen, ohne sie zu überfordern.

Aja: Es ist sehr wertvoll, dass unser Team offizielle Mitteilungen und Aktualisierungen direkt und transparent zu den eingereichten Vorschlägen verfassen kann, und es ist hilfreich, dass diese Antworten für alle Beteiligten der Plattform sichtbar sind. Das spart Zeit, die wir sonst für die Beantwortung von E-Mails mit der Frage nach Aktualisierungen aufwenden müssten. Die Plattform verhilft uns zu mehr Transparenz, und das schafft hoffentlich mehr Vertrauen und Einblicke in die Arbeitsweise der Stadtverwaltung.

Unsere Organisation ist so aufgebaut, dass wir eine Projektmanagerin haben – ich selbst -, die als zentrales Koordinationsglied zwischen den verschiedenen Verwaltungen fungiert. Außerdem haben wir einen Leitungskreis mit je einem Mitglied aus jeder der 7 Verwaltungen. Sobald ein Vorschlag 3 Mitunterzeichner*innen erhalten hat, wird dieser von eine*r Projektleiter*in auf eine Reihe von Kriterien geprüft und dann an das zuständige Mitglied des Lenkungsausschusses (das in der Verwaltung arbeitet, auf die sich der Vorschlag bezieht) weitergeleitet, das dann dafür sorgt, dass der Vorschlag in den Fachämtern der Verwaltung auf weitere Kriterien geprüft wird. Anschließend wird der Vorschlag zusammen mit einer schriftlichen Rückmeldung der Verwaltung an die Projektmanager*innen zurückgeschickt, der ihn beachtet und zusammen mit dem Vorschlag veröffentlicht.

Wir haben uns für diese Evaluation 10 Werktage Zeit gegeben, aber oft ist weniger erforderlich. Wenn ein Vorschlag 5.000 Stimmen erhält, wird er als offizieller Fall registriert, der an die zuständige Verwaltung weitergeleitet wird, die den Vorschlag dann zur Prüfung durch die Fachausschüsse vorbereitet. Dafür haben sie drei Monate Zeit. In der Sitzung der Fachausschüsse geben die Politiker*innen eine Empfehlung an den Stadtrat ab, der in der frühestmöglichen Sitzung des Stadtrats eine endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit trifft.

Die Unterstützung der Führungsebene und der Bürger*innen gewinnen

Kopenhagen verfügt über eine starke Beteiligungskultur, die eine kontinuierliche Förderung erfordert, um die aktive Unterstützung durch die Stadtverwaltung und die Bürger*innen aufrechtzuerhalten.

Aja: Für uns ist das wichtigste Erfolgskriterium nicht unbedingt, dass mehr Vorschläge umgesetzt werden, sondern dass die Vorschläge eine bessere Chance haben, genügend Stimmen zu bekommen und von unseren Politikern ernsthaft behandelt und berücksichtigt zu werden. Deshalb haben wir beschlossen, drei Co-Sponsoren als Qualifikationshürde einzuführen und die Kriterien zunächst zu überprüfen. Außerdem haben wir uns für ein Modell entschieden, bei dem wir die Vorschläge, die mindestens 5.000 Stimmen erhalten, der Verwaltung vorlegen, die dieses Projekt beaufsichtigt, bevor sie vom Stadtrat bearbeitet werden. Dies trägt dazu bei, dass die Politiker zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vorschläge das Entscheidungsstadium erreichen, gut über die Möglichkeiten und Auswirkungen informiert sind, so dass sie fundiertere Entscheidungen treffen können.

Wir haben eine breite politische Unterstützung für die Initiative selbst unter unseren verschiedenen politischen Parteien, aber die politische Zustimmung zu den Vorschlägen selbst zu bekommen, ist eine andere Sache. Ich finde es wirklich wichtig, die politischen Entscheidungsträger immer wieder daran zu erinnern, was sie begonnen haben, und ihnen die Ergebnisse zu zeigen, damit sie die Fortschritte sehen können. Das sorgt dafür, dass wir auf lange Sicht investiert bleiben. Auf der Seite der Bevölkerung haben sich bereits viele Menschen beteiligt, was uns signalisiert, dass es gut läuft und großes Interesse besteht.

Die Beteiligungsergebnisse evaluieren

Obwohl das Projekt noch in den Kinderschuhen steckt, scheint sich der bewusste Ansatz des Teams bereits auszuzahlen. Es ist erst 4 Monate her, dass das Projekt gestartet ist, und schon gibt es einige spannende Updates zu teilen.

Aja: Wir sind begeistert, dass sich in diesen wenigen Monaten bereits mehr als 12.000 Menschen auf der Plattform registriert haben. Unser Ziel ist es, in den ersten anderthalb Jahren des Projekts mindestens 20.000 Menschen zu erreichen.

Bevor wir starteten, analysierten wir andere ähnliche Initiativen von Verwaltungen im ganzen Land. Dabei fiel uns auf, dass es eine hohe Anzahl von Einzelvorschlägen mit einer geringen Anzahl von Stimmen pro Vorschlag gab. Wir wollten sicherstellen, dass sich die Bürger*innen stärker an den Vorschlägen der anderen beteiligt und dass es sich wie eine gemeinsame Anstrengung anfühlt. Aus diesem Grund haben wir Kriterien eingeführt, wie z.B. drei Mitunterzeichner*innen und eine bestimmte Anzahl von Stimmen, bevor ein Vorschlag offiziell geprüft werden kann. Wir streben qualifizierte Vorschläge und mehr Stimmen pro Vorschlag an, und bis jetzt haben die Vorschläge ziemlich viele Stimmen erhalten.

Wir hoffen, dass sich dieser Trend fortsetzen wird und dass wir einen Dominoeffekt erleben werden, wenn mehr Verwaltungen der Plattform beitreten und Projekte ausrichten – mit Bürger*innen, die sich dann verwaltungs- und projektübergreifend an der Plattform beteiligen. Wir möchten ein Ökosystem der Beteiligung in unserer Stadtverwaltung aufbauen und glauben, dass die Plattform uns dabei helfen kann.

Ratschläge für Kommunalverwaltungen, die mit Vorschläge anfangen möchten

Kommunalverwaltungen, die eine Bottom-up-Beteiligungsprojekt in Erwägung ziehen, haben möglicherweise spezielle Anliegen oder Fragen, die ein Peer am besten beantworten kann. Das Team der Stadt Kopenhagen hat aus seiner eigenen Erfahrung heraus viele Ratschläge zu teilen.

Aja: Die Beteiligung von unten nach oben ist sehr wichtig, und wir sollten alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um sie zu fördern. Es gibt eine weltweite Krise der Demokratie: Die Menschen verlieren zunehmend das Vertrauen in die demokratischen Institutionen, und wir brauchen Lösungen dafür. Wir hoffen, dass die Vorschläge eine von vielen Lösungen für diese Krise sein können und dass sie uns helfen können, mehr Menschen an der lokalen Demokratie zu beteiligen. Ein solcher  Bottom-up-Ansatz sollte einer von vielen verschiedenen Beteiligungsmethoden sein, die wir bei unserer Arbeit einsetzen.

Eine Plattform, die für jede Art von Beteiligung geeignet ist Egal, ob Sie bereit sind, den Mehrwert von Vorschlägen zu nutzen, um Ihre Bottom-up-Beteiligungsbemühungen voranzutreiben, oder ob Sie zunächst andere Beteiligungsformate ausprobieren möchten – die Go Vocal-Plattform kann Ihnen helfen. Vereinbaren Sie ein Beratungsgespräch und entdecken Sie, wie unsere Beteiligungsplattform Ihre Projekte auf die nächste Stufe heben kann!