Die kleine Stadt hat den Weg der digitalen Partizipation eingeschlagen. Denn in Coburg weiß man, dass die Fragen rund um die Klimakrise zentrale Aufgabe der Stadtverwaltung werden. Dreh- und Angelpunkt ist der Green Deal Coburg 2030 und die dafür gestartete digitale Beteiligungsplattform mitmachen.coburg.de.

Auf ihrer Beteiligungsplattform verspricht die Stadt, dass sie nicht nur reden, sondern handeln will. Konkret:

“Wir wollen kein neues Konzept entwickeln, das in Aktenschränken verstaubt. Wir wollen die Stadt verändern und Projekte sichtbar machen, die es schon gibt. Ideen, die wir gemeinsam entwickeln, werden wir so schnell wie möglich umsetzen.”

Die Beteiligungszügel in der Hand hält Karin Engelhardt – zuständig für Innovation und Projektentwicklung bei der Stadt Coburg. In enger Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister hat sie ein durchdachtes Partizipationskonzept entwickelt. Das Ziel: Mit breiter Beteiligung soll Ende 2023 eine Nachhaltigkeitsstrategie für Coburg stehen. Bei diesem Vorhaben unterstützt sie ein vierköpfiges Team.

Der Projekttitel #generationcoburg2030 weist schon in Richtung der Hauptzielgruppe dieses komplexen Beteiligungsvorhabens: Es geht um den Austausch und die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten, diejenigen, die die Klimaauswirkungen in ihrem Leben deutlich zu spüren bekommen. Deswegen interessieren Coburg die Ideen und Ansichten der Kinder, Schüler:innen (auch im Grundschulalter!), der Studierenden und jungen Arbeitnehmer:innen ganz besonders: “Von der Kita bis zur Uni.”  

Natürlich richtet sich das Partizipationsangebot für die Erarbeitung des Green Deal auch an die älteren Bürger:innen und bezieht zudem ein divers aufgestelltes Netz von Akteuren, Aktivist:innen – z.B. aus dem Kreis der Fridays For Future und Expert:innen mit ein.

Auf der Beteiligungsseite mitmachen.coburg.de wird das Projekt #GenerationCO2030 erläutert.

CitizenLab-Kundenbetreuerin und Partizipationsexpertin Jelena Gregorius, die Coburg, Frau Engelhardt und ihr Team durch die Vorbereitungsphase begleitete und auch darüber hinaus begleiten wird, war von Anfang an beeindruckt, wie viele konkrete Ideen Coburg mitbrachte.

Doch um in anderthalb Jahren die Nachhaltigkeitsstrategie in Zusammenarbeit mit den Coburger:innen formuliert zu haben, stehen einige Schritte an. Die Einführung einer digitalen Beteiligungsplattform geht einher mit einer fundierten Kommunikationskampagne. Denn erstes Ziel muss sein, die Plattform bekannt zu machen, sie den Bürger:innen als Tool näher zu bringen und ihr Vertrauen für den digitalen Austausch aufzubauen.

“Die Plattform soll ein guter Freund für jede:n werden, der sich beteiligen möchte.“

Die Stadt Coburg wird vor allem über Soziale Medien (Instagram und Facebook) kommunizieren und so Nutzer:innen auf die Plattform bringen. Aber auch die Offline-Ansprache über lokale Zeitungen und Aktionen im Öffentlichen Raum sind mitgedacht.

Erst nach diesem Kommunikationsaufschlag kann die kreative Phase 2 eingeläutet werden – die Phase der Ideen, Wünsche und Zukunftspläne. Karin Engelhardt hat konkrete Erfolgszahlen formuliert: “Wir haben die Messlatte hoch gehängt: 1000 Ideen wollen wir am Ende dieser Phase an 13 Thementischen gesammelt haben. Diese werden dann in 8 Etappen in kleineren Gruppen zu Projekten ausgearbeitet. Am Ende dieser Etappen sollen schnell umsetzbare Projekte entstehen –  ein Beispiel: regionale Äpfel für die Schule. Also Ideen, auf die man schnell reagieren kann.”

Die Themenfelder umfassen u.a.: Biodiversität – Ökosysteme und Artenvielfalt, Beseitigung der Umweltverschmutzung, Klimaschutz, Vom-Hof-auf-den-Tisch-Strategie und vieles mehr.



Von der Kita bis zur Uni – die jungen Menschen in Coburg stehen im Fokus der Beteiligungsinitiative

Auffallend ist, dass die Thementische bewusst dezentral konzipiert sind, sodass sie nicht nur zentral von der Stadt gesteuert werden. Jedes Themenfeld soll von einer speziell adressierten Interessengruppe übernommen werden – ausgewählt nach Erfahrungen und Wissen und pro Thema moderiert. Zudem sollen ganz unterschiedliche Partizipationsmethoden zum Einsatz kommen und die einzelnen Tische auch untereinander vernetzt werden. Ende Oktober 2023 wird dann im Stadtrat ein Beschluss über die Nachhaltigkeitsstrategie gefällt.

Und die Herausforderungen so groß angelegter Partizipation? Karin Engelhardt:

Das Green Deal Vorhaben wurde politisch einstimmig beschlossen, aber sicher stellen wir uns bei konkreten Themen auch auf Widerstände ein. Wenn es ums Autofahren geht, oder um das Parken am Marktplatz zur Marktzeit.

Die größte Herausforderung seien allerdings die Ressourcen, allen voran die Zeit. Denn gute Partizipation kostet Zeit.

Die Beteiligungszukunft in Coburg

In Coburg wird man den Green Deal 2030 ergänzen um andere Beteiligungsformate und so verschiedene Themenangebote für die Bürger:innen schaffen. Beteiligung soll immer verfügbar sein und die Stadt stets ein offenes Ohr haben – z.B. bei ‘Sag’s Coburg’, dem Mängelmelder.  

Wir versuchen unseren ganz eigenen Weg zu gehen, den Coburger Weg. Wir gehen nicht mit dem Mainstream, sondern denken weiter. Für mich bedeutet die Beteiligung unserer Bürger:innen eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung. Ich freue mich auf die Ergebnisse und auf unsere grüne Zukunft hier in Coburg.

Sind Sie inspiriert von Coburgs Ansatz und neugierig, wie auch Sie Dinge mit digitaler Beteiligung anschieben können? Dann lesen Sie mehr:

Leitfaden: Beginner’s Guide für digitale Bürgerbeteiligung
Blog: Die verschiedenen Stufen der Bürgerbeteiligung: Die Partizipationsleiter
Blog: Wie Partizipationsteams für Bürgerbeteiligung Kommunalverwaltungen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen