Aber das relativ kleine Bad Dürkheim hat weitergedacht und schnell erkannt, dass digitale Beteiligung viel mehr Nutzen bringt – auch bei nur knapp 19.000 Einwohner*innen – und dass sich die Stadt nur zum Besseren entwickeln kann, wenn die Menschen mitmachen, mitdenken und mitentscheiden. Deswegen heißt es in Bad Dürkheim seit 2022:
Bad Dürkheim ist im Dialog – und jetzt auch digital.
Jelena Gregorius, Partizipationsexpertin bei CitizenLab, hat Bad Dürkheim durch das erste Jahr der digitalen Beteiligung betreut und eng mit dem Beteiligungsteam der Stadt zusammengearbeitet. Sie findet: Bad Dürkheim ist ein tolles Beispiel für gelungene Partizipation im Kleinen und eine Mustervorlage für andere Kleinstädte, mit Bürgerdialog und -beteiligung zu beginnen.
Damit auch andere kleine Kommunen und Städte von Bad Dürkheims Erfahrung profitieren können, drehen wir die Zeit zurück auf Anfang. Wie ist die rheinland-pfälzische Kleinstadt strategisch mit ihrer Partizipation gestartet? Die kurze Antwort: niedrigschwellig und spielerisch.
„Wie trinken Sie Ihre Rieslingschorle am liebsten?“
Den Startschuss für die Plattform gab es beim Frühlingsempfang 2022. Bei einer vor-Ort-Präsenzveranstaltung wurde eine kleine Spaß-Umfrage zum Thema Wein auf der Plattform gestartet: Wie trinken Sie Ihre Rieslingschorle am liebsten? Trocken oder halbtrocken? Ein wichtige Frge in der Stadt mit dem weltweit größten Weinfest. Zur Umfrage gelangten die Gäste per QR-Codes, die im Saal ausgehängt waren. Den QR-Code gescannt, konnten die Bürgerinnen und Bürger dann mit dem Telefon abstimmen. Sie haben eine unterhaltsame Erfahrung gemacht und ganz nebenbei ‘gelernt’, wie einfach digitale Mitbestimmung ist.
Über den Sommer gab es dann wöchentlich offene Sprechstunden; jeden Donnerstag war Bürgermeister Christoph Glogger unter dem Motto „Bürgermeister vor Ort“ in einem anderen Stadtteil. Und nicht nur live während dieser Sprechstunde, sondern schon im Vorfeld konnten über die Plattform Fragen an den Bürgermeister eingereicht werden.
Klein starten und nach und nach die verschiedenen Abteilungen mit ins Boot holen
Der digitale Bürger*innendialog wurde leicht und zugänglich gestaltet, denn es ging erstmal darum, die Plattform zu testen. Aber schon recht schnell traute man sich auch an kontroversere Themen heran. Zum Beispiel ging es bei einem Projekt um die Umbenennung einiger Straßen. Hier konnte die Plattform gut genutzt werden, um Transparenz herzustellen. Die Einwohner*innen hatten Gelegenheit, Fragen zu stellen – die Stadt beantwortete diese dann.
Ein gut aufgestelltes Kernteam mit einem klaren politischen Mandat des Stadtrates und des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin ist das A und O. Es macht Sinn, klein zu starten und dann die verschiedenen Abteilungen mit ins Boot holen, um langsam aber sicher alle Beteiligungsprojekte der Stadt über die Plattform laufen zu lassen.
Jelena Gregorius, Partizipationsexpertin bei CitizenLab
Die Beteiligungsarbeit auf Verwaltungsseite wird durch das sog. Kernteam Beteiligung geleistet. Es setzt sich zusammen aus Bad Dürkheims Bürgermeister Christoph Glogger und seinem Mitarbeiter Jonas Bender und wird von der Abteilung Kommunikation & Presse ergänzt. Je nach Projekt und Thema kommen noch verschiedene Mitarbeitende und Projektmanager:innen der Stadt ins Team dazu. Für die aktuelle Bedarfsermittlung für Betreuungsangebote an den Grundschulen in Bad Dürkheim ab dem Schuljahr 2026/27 wäre das z. B. der Bildungsfachbereich.
Um die digitale Plattform in den Alltag der Bevölkerung zu integrieren, soll diese in Zukunft die erste Anlaufstelle für Beteiligung für alle Bürger*innen werden. Auch über die Stadt-Website wird es eine Verlinkung zur Plattform geben und regelmäßig im Amtsblatt einen Abschnitt zu aktuellen Beteiligungsthemen.
Ausblick digitaler Beteiligung: vom Kleinen ins Größere
Nach dem Startjahr stehen in Bad Dürkheim 2023 größere Projekte an. Für die wird die digitale Plattform ganz konkret zum Einsatz kommen. Das größte Vorhaben ist eine Aktualisierung des Stadtleitbildes aus dem Jahre 2000. An diesem neuen Stadtleitbild sollen die Bad Dürkheimer*innen viel stärker beteiligt werden. Ziel ist es, ein politisches Leitbild und Prioritäten für die nächsten 10-15 Jahre zu entwickeln. Nach dem Partizipationsprozess um das Stadtleitbild wird es anschließend eine Entscheidung im Stadtrat geben. Das Ganze soll noch im Sommer diesen Jahres losgehen.
Bad Dürkheim zeigt: Digitale Beteiligung ist nicht schwer und kann auch mit kleinen Teams auf die Beine gestellt werden. Und: Eine gesunde Beteiligungskultur ist wichtig für Städte und Kommunen aller Größenordnungen.
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